Erläuterungen zur Betriebsfestigkeit

 

 

Die Betriebs-, Zeit- und Dauerfestigkeit als technische Fragestellung ist im 19. Jahrhundert durch August Wöhler wissenschaftlich aufgekommen. August Wöhler erkannte, dass wiederholte Belastungen unterschiedlicher Intensität (Lastkollektiv; variierende Belastungen und Zyklen) den Werkstoff mehr schädigen können, als es eine rein statische Last vermag. Wöhler nannte es damals eine Schwingbelastung (Schwingspiel).

Er stellte den Zusammenhang zwischen Bruchlastspielzahl und Ausschlagspannung her, welcher zuerst in der Betrachtung der Eisenbahnbetriebe Einzug erhielt (gebrochene Radsätze etc).

 

Der Begriff Betriebsfestigkeit beschreibt den Widerstand eines Bauteils gegen Ermüdung, also dem Widerstandsvermögen gegen anhaltende kleine Schädigungen des Materials bis zum Versagen (Zerstörung) des Bauteils.

 

Die Erkenntnisse von Wöhler sind bis heute ein umfangreiches Forschungs- gebiet und die Erkenntnisse in der Forschung werden laufend verbessert. 

 

Für den praktischen Anwendungsteil sind mehrere technische Richtlinien, sowie Normen entstanden. 

 

Bei Anwendungsfällen im Bereich Maschinenbau, gilt bis heute die FKM Richtlinie (akt. 2012) als Standardwerk. Fragestellungen zur Betriebsfestig- keit im Stahlbau können durch den Normenteil des  Eurocode 3-1-9 beantwortet werden. Bei speziellen Anwendungen wie dem Kran- bzw. dem Krananlagenbau, wird die DIN EN 13001 ff. angewandt. Je nach Anwendungsgebiet und Norm können Berechnungen zu Fragen der Betriebs-, Zeit- und Dauerfestigkeit vollzogen werden und Nachweise erstellt werden (Statik). 

 

Das wesentliche Element für die Entscheidung zur Durchführung einer Betriebsfestigkeitsuntersuchung, ist eine dynamische Lastaufnahme von Bauteilen während des Betriebes. Klassische Einsatzgebiete sind Bahn, Luftfahrt, Schifffahrt, Kraftfahrzeuge, Krananlagen, Achterbahnen usw. Ab ca. 10.000 Lastzyklen ist eine Untersuchung und Nachweis der Bauteile erforderlich. Ab hier beginnt der Bereich der Langzeitermüdung.  

 

Beispielhaft wird hier eine kurze Darstellung mit Hilfe des Eurocode 3-1-9 vorgenommen.

 

Das folgende Bild zeigt das Diagramm maximal ertragbarer Spannungen eines Bauteils (Spannungen durch Verformungen im Bezug auf den Last- eintrag) in der Beziehung der Spannungsschwingspiele N zur ertragbaren Längsspannungsschwingbreite delta-Sigma. Wie zu erkennen ist, nimmt die Tragfähigkeit hoher Spannungen bei einer höheren Zyklenzahl ab. Somit ist ein Bauteil bei dynamischen Lasten nicht mehr bis zur statischen Grenzlast belastbar.

 

Abb. 01: Spannungsschwingspiele zu Spannungsschwingbreite

 

Die Schwingspiele, welche ein Kollektiv für die Schädigung abbilden, werden durch die maximalen und minimalen Spannungen während des Betriebes (rechnerisch erwartet oder empirisch erhoben) ermittelt. Es gibt einfache Kollektive, welche für die gesamte Nutzungszeit nur die maximalen und die minimalen Spannungen berücksichtigen (konservativ). Es ist aber auch möglich Stufenkollektive zu bilden, welche Schwingspiele in Klassen für Schädigungsanteile aufteilen und somit ein milderes Ergebnis liefern können. Das folgende Bild zeigt ein Schwingspiel.

 

Abb. 02: Spannungsschwingspiele (Δ-Sigma)

 

 

Ein Kollektiv mit Klassen könnte Beispielhaft, wie im nächsten Bild zu sehen, erstellt werden.

 

Abb. 03: Kollektiv für die Schädigungsrechnung

 

Für die Berechnung und den Nachweis der Betriebsfestigkeit sind Tabellen für konstruktive Details und deren Kerbwirkung unerlässlich. Bezogen auf ein Belastungskollektiv werden nun die Spannungsschwingspiele (Δ-Sigma) mit FAT Werten der Tabellen in Normen verglichen (FAT = Fatigue). Der Bezugswert der maximalen delta-Spannung wird hier bei 2x10^6 Schwingspielen erreicht. Somit darf dieser FAT Wert nicht überschritten werden, wenn das Bauteil in seiner Lebenszeit bis zu 2x10^6 Zyklen erfahren würde. Sollte das Bauteil eine höhere Anzahl von Schwingspielen ertragen müssen, so sind die Bezugswerte auf niedrigere Spannungsschwingspiele rechnerisch anzugleichen. Die folgenden Bilder zeigen tabellarische FAT Werte (nach Kerbfall) beispielhaft.

 

Tabelle: FAT Werte Grundmaterial

Tabelle: FAT Werte Schweissnähte

Tabelle: FAT Werte Schraubenverbindungen